Grußwort zur Veranstaltung „Jüdisches Leben – Die Sicherheit der Jüdischen Gemeinden“ in Norderstedt, 28.02.2023
Sehr geehrte Frau Innenministerin,
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
Sehr geehrter Herr Kalpakidis,
Liebe Freundinnen und Freunde,
das Thema für das sich heute Abend entschieden hat, hat eine erfreuliche und eine besorgliche Komponente. Lassen Sie uns mit dem erfreulichen Teil beginnen, also der Tatsache, dass es heute Jüdisches Leben und Jüdische Gemeinden in Deutschland gibt. Das ist alles andere als selbstverständlich, wenn man an die Geschichte Deutschlands denkt. Nach dem Holocaust wollten die meisten Juden mit Deutschland nichts mehr zu tun haben. Die deutsche Sprache, die Deutschen als Bevölkerung, die deutsche Kultur – all dies, hatte durch die Abscheulichkeiten der Nationalsozialisten seine Unschuld verloren.
Zahlenmäßig gehört die Jüdische Gemeinde Deutschland heute nach Frankreich und Großbrittanien wieder zu den größten in Europa. Je nach Quelle sind es mehr als 100.000. Sie alle schenken Deutschland einen Vertrauensvorschuss, also das Vertrauen, dass sie heute wieder in Sicherheit in Deutschland leben können. Doch dieses Vertrauen ist immer auch abhängig davon, was in diesem Land geschieht. Von vielen Seiten aus wird dieses Vertrauen durch antisemitische Vorfälle strapaziert.
Der rechte Antisemitismus ist nie verschwunden. Zum Teil haben seine Anhänger nur ihr Aussehen geändert. Doch auch wenn sie oft keine Springerstiefel mehr tragen, hat sich an ihrer Gesinnung nichts verändert. Sie versuchen auch gar nicht ihre Haltung zu verstecken, sondern gehen sehr offen mit ihren antisemitischen Gedanken um. Ihre Auftritte werden oft begleitet von einer Gegendemonstration und einer Öffentlichkeit, die ihnen laut widerspricht.
Der Antisemitismus von links hat eine deutlich längere Vorgeschichte, als sich viele in Deutschland eingestehen wollen. Seine Anhänger sind geschickter darin, ihre Abneigung gegen Juden oder gegen Israel, den jüdischen Staat, zu verklausulieren. Versteckt hinter akademischer Sprache, wird auch hier regelmäßig eine Stimmung befördert, die Juden in Deutschland verunsichert. Das wird dadurch noch verstärkt, dass im Kulturbetrieb die politische Linke häufig tonangebend ist. Die antisemitische BDS-Boykottbewegung gegen Israel konnte mit zunehmendem Erfolg den Diskurs in Deutschland beeinflussen. Skandale wie zur Documenta sind die logische Konsequenz.
Zunehmend wird auch versucht, verschiedene soziale Bewegungen, wie zum Beispiel die Klimaschutzbewegung, zu unterwandern.
Umso dankbarer sind wir für jede Unterstützung, jede Solidarisierung und für diejenigen, die fest an unserer Seite stehen. Zum Glück gibt es davon im heutigen Deutschland eine ganze Menge. Sie setzen sich dafür ein, dass Roger Waters keine Plattform für sein antisemitisches Bühnen- und Weltbild bekommt, sammeln spenden für Schutzräume in Israel oder wenden sich an unsere Botschaft, um uns ihr Mitgefühl auszusprechen, wenn es wieder mal einen Vorfall oder Übergriff gab.
In diesem Jahr ist der 75. Geburtstag des Staates Israel. Wir wünschen uns zu diesem Geburtstag, dass Juden auf der ganzen Welt in Sicherheit und Frieden leben können.
Die Sicherheit der Jüdischen Gemeinden in Deutschland zu gewährleisten, ist eine Aufgabe, die sich jeden Tag neu stellt und die wir nur gemeinsam bewältigen können. Diejenigen, die uns Juden feindlich gesinnt sind, warten nur auf Gelegenheiten, in denen wir unachtsam sind. Diesen gefallen dürfen wir ihnen nicht tun. Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit und ihre Unterstützung.
Wir senden Ihnen herzliche Grüßen aus der Botschaft des Staates Israel in Berlin nach Norderstedt!
Yaki Lopez
Leiter der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Botschaft des Staates Israel